Markttag in Ketao

 

Wie in Afrika üblich, spielt sich ein Großteil des Alltags auf den Märkten ab, die neben ihrer Funktion als Versorgung mit Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs auch eine gesellschaftliche Funktion haben, die der Kommunikation, denn Radio gibt es nicht und Fernseher habe ich während unserer Reise nicht einmal eine Handvoll gesehen, die in den Hotels schon mitgezählt.

Für uns Europäer ist es ein besonderes Flair diese Märkte zu besuchen und selbst im Landesinneren den Wandel im Marktgeschehen der einzelnen Regionen zu beobachten.
Wir hatten Glück über Neujahr im Land zu weilen, weil dies einer der größten Festtage im Jahr ist und sich die Familien untereinander besuchen, um das kommende Jahr willkommen zu heißen, da sie oft sehr weit voneinander entfernt wohnen.
So spielt das Weihnachtsfest eine eher untergeordnete Rolle im Leben der Togolesen, nicht jedoch der 1. Januar.

Dieser 1. Tag ist Sinnbild für die kommende Zeit und alle wünschen sich, dass Frieden und Wohlergehen herrschen möge.
Ich habe es bei keinem unserer zahlreichen Besuche, zu denen wir schon Tage zuvor eingeladen wurden, erlebt, dass ein Familienmitglied sich über die Lebensumstände beklagt oder gravierende Veränderungen gewünscht hätte.
Diese Bescheidenheit ist für uns schwer vorstellbar und im Nachhinein haben wir es nicht bedauert, den ganzen Kommerz in der Heimat zum Jahresschluss verpasst zu haben.

Doch ehe wir auf den Jahresschluss zusteuerten, sollte mit einem Marktbesuch der 1. Tag des Jahres gebührend vorbereitet werden.
Wir wollten den Markt im Ort Ketao besuchen, der nach Ronalds Worten dafür prädestiniert war, da er viele Händler aus Nah und Fern anzog und damit ebenfalls die jeweiligen Besucher bei einem nicht minder herrschenden Angebot.

Als wir uns dem Markt näherten war schon von aus einiger Entfernung die Größe nur schätzbar, denn ich sah keinen Anfang und kein Ende an allerlei zusammengezimmerten Holz-und Blechhütten, die in ihrer Form und Größe nicht zu beschreiben sind.

Hier spielte sich das tägliche Leben ab.

Frauen die bemüht waren,  mit ihren dargebotenen Stoffen, Lebensmitteln und allerlei Haushaltsgegenständen ihre Familien über den kommenden Tag zu bringen und dafür von früh bis zum Abend dort saßen.
Die kleineren Kinder schauten erst teilnahmslos und dann dennoch ängstlich, denn das Fremde mit weißer Haut hier vorbeikamen war äußerst selten.

Für uns war die Vielfalt an Ständen und Buden nicht mit den Augen zu fassen und so orientierte ich mich an prägnanten Gebäuden, Telegraphenmasten und Baumgruppen, um den Überblick zu behalten.

 

Ronald und Pascal stürzten sich ins Gewühl und dieses Wort beschreibt am besten die kommende Stunde inmitten unzähliger Menschen.

Konnte man die Märkte in Lome und Kpalime noch gut durchschreiten, ging es hier nur sporadisch vorwärts. Unser Einstieg in den Markt erfolgte von einer Seitenstraße aus, so dass wir sofort zum Stehen kamen und Mühe hatten uns nicht zu verlieren, wenn dann konnte man sich nur am zurückgelassenen Pick-Up wieder treffen.

Schon am ersten Stand merkten wir allerdings, dass wir heute als Träger gebraucht wurden, denn es war ein Einkauf auf höherem Niveau. Hatten wir in  Lome noch Stoffe in Größenordnungen 2 x2 m gekauft, wurden hier ganze kleinere Ballen erworben.

Die beiden Einheimischen strebten gezielt einzelnen Ständen zu, um allerlei Dinge zu besorgen.
Dabei war es sogar der Fall, dass sie beim Kauf von Taschenlampen einen Stand leerkauften, worauf die Besitzerin kurz in ihr Lager verschwand und der Weiterkauf nach dem erneuten Erscheinen fortgesetzt wurde.
Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube mich zu erinnern, dass sie ca. 30 Taschenlampen gekauft haben.

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Als wir uns wieder in den Menschenstrom einfügten, es war wirklich sehr eng und man hatte ständig Körperkontakt zu seinen Nachbarn, kam noch ein Afrikaner und wollte mit seiner zweirädrigen Karre an allen vorbei.

Es heißt dann nur Geduld, der Schweiß rinnt auch im Stehen.

Teilweise kam der Menschenstrom zum Stillstand und keiner in der Reihe erzielte einen Platzgewinn, stoisch ging es langsam voran.
Kein Fluchen, kein Geschrei ,außer dem der Verkäufer, nur mehr oder minder frohe Menschen, die nach einer Lücke suchten diesem Strom zu entfliehen.

Als wir wieder am Pick-Up ankamen erzählte uns Ronald, dass der eigentliche Markt bis vor zwei Jahren hinter einer uns sichtbaren Mauer stattfand und Menschen bei einem großen Brand dort ihr Leben verloren, als ganze Stände  im Marktgeschehen in Flammen aufgingen.

In Afrika ein Grund diesen Platz zu schließen und den Markt davor zu betreiben, genauso eng und mit Menschen gefüllt, wie zuvor hinter der Mauer, eine Art besonderer afrikanischer Logik.

Übrigens, falls man jetzt davon ausgehen konnte, der Marktausflug wäre vorbei, nicht in Ketao. Erst war Ronald zur Bank unterwegs, dann Pascal kurz was besorgen. Als beide wieder nach einer Stunde am Pick-Up erschienen zog Ronald eine von uns mitgebrachte Flöte aus seinem Oberhemd und musizierte im Schatten eines großen Baumes unter denen sich fünf Frauen die Haare flechten ließen.

Seine Musik, teilweise etwas schräg gespielt, lockte die Menschen an und plötzlich waren wir mit unserem Pick-Up der Mittelpunkt unterm Baum.
Wir waren umringt von fremden Menschen und einigen Bekannten, der wahre Grund nach Ketao gefahren zu sein, man wollte sich auch wieder einmal treffen und unterhalten.